Die erweiterte beschränkte Steuerpflicht nach §2 AStG und die Nullsteuer LLC

Warum deutsche Staatsbürger (oft) keine digitalen Nomaden und Perpetual Traveler mit einer Nullsteuer LLC sein können und was Du dagegen tun kannst

⚠️ WICHTIG: Österreicher und Schweizer (und andere Staatsbürger) sind von den hier beschriebenen Herausforderungen NICHT betroffen, selbst wenn sie vor dem Wegzug in Deutschland leben. Es gibt keine vergleichbaren steuerlichen Regelungen in Österreich oder in der Schweiz. Österreicher und Schweizer können ohne Kopfzerbrechen als digitale Nomaden ein freies Leben ohne Steuern führen und ihre LLC geniessen!

Auf dieser Seite gehen wir vor allem auf die erweiterte beschränkte Steuerpflicht im Kontext der Nullsteuer LLC ein. Allgemeinere Einlassungen zu dem Thema findest Du auf unserer Website wohnsitzausland.com

An jeder Ecke stehen sie und versuchen, Dir ihre LLC-Pakete aufschwatzen. Alles easy. Alles risikolos. Alles kein Problem. Wir wollen nur deine Seele…

So jedenfalls lässt sich er Erfahrung vieler zukünftiger deutscher digitaler Nomaden und Perpetual Traveler zusammenfassen, die online nach der besten Rechtsform für ihr wohnsitzloses Freelancerdasein suchen.

Die LLC ist omnipräsent. Neben den deutschsprachigen Anbietern gibt es dann auch noch jede Menge Dienstleister in den USA und anderswo, welche die schicke US-Rechtsform feilbieten wir geschnitten Brot.

Und die Vorteile der LLC sind ja auch beeindruckend: Keine Steuerpflicht in den USA, keine Buchhaltung, ein Standbein außerhalb der kriselnden Eurozone, attraktive Banken, international anerkannt, nutzbar für den Aufbau der sehr nützlichen US-Bonität, und das alles bei voller Anonymität. Was will man mehr?

Kein Wunder, dass viele Nomaden und Perpetual Traveler sich für die LLC interessieren.

Das Problem ist nur: Die LLC ist für Nomaden und Perpetual Traveler mit deutscher Staatsbürgerschaft vielfach ungeeignet.

Oder noch präziser formuliert: Deutsche Staatsbürger können in den ersten 10 Jahren nach dem Wegzug aus Deutschland in den meisten Fällen keine “steuerfreien” Nomaden und Perpetual Traveler sein.

Denn §2 AStG bestimmt, dass deutsche digitale Nomaden oder Perpetual Traveler ihre gewerblichen Einkünfte noch für 10 Jahre nach Wegzug in Deutschland versteuern müssen. Auch dann, wenn sie diese über eine US LLC generieren. Das impliziert, dass sie auch noch für 10 Jahre eine Steuererklärung in Deutschland einreichen müssen - und das (inklusive der kompletten Buchhaltung und den Jahresabschlüssen für das Gewerbe bzw. eine etwaige LLC nach deutschem Standard).

Das gilt nur dann, wenn man mehr als 16.500 Euro im Jahr als Nomade verdient und eine Briefkastengesellschaft zur Abrechnung verwendet. Letzteres ist faktisch bei der LLC immer der Fall, denn wäre es nicht so, dann hätte die Gesellschaft eine US-Betriebsstätte und es wären dort Steuern fällig. Siehe daz unten mehr.

Egal, was Du sonst so im Internet liest und auf YouTube gesehen hast: Deutsche digitale Nomaden und Perpetual Traveler, die gewerbliche Einkünfte haben, können sich nicht einfach der Steuerpflicht in Deutschland entziehen. Tatsächlich haben sie in punkto gewerbliche Einkünfte durch den Wegzug überhaupt keine steuerlichen Vorteile im Vergleich zu einem deutschen Wohnsitz.

Echte freiberufliche Tätigkeiten sind davon nicht betroffen. Mehr dazu unten.

“Erweiterte beschränkte Steuerpflicht” - was ist das?

Diese Besteuerung deutscher Staatsbürger auch nach Verlassen Deutschland ist im Außensteuergesetz (§2 AStG) geregelt und wird als “erweiterte beschränkte Steuerpflicht” bezeichnet. Die Regelung stammt aus den 1970er Jahren und wurde zuletzt im Dezember 2023 vom Bundesministerium für Finanzen in ihrer vollen Härte bestätigt.

Es handelt sich um eine Besteuerung nach Staatsbürgerschaft. Betroffen sind nur deutsche Staatsbürger, die in den letzten 10 Jahren vor dem Wegzug aus Deutschland mindestens 5 Jahre lang als Deutsche in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig waren.

Früher sprach man in diesem Zusammenhang von sog. “floating income” oder “betriebsstättenlosen Einkünften”. Seit der in Monaco lebende Formel 1 Rennfahrer Henz-Harald Frentzen in den 90er Jahren gegen die erweiterte beschränkte Steuerpflicht klagte und vor dem Bundesfinanzhof (BFH), dem höchsten deutschen Finanzgericht, Recht bekam (Urteil des BFH vom 19.12.2007 I R 19/06), spricht man von Einkünften eines Deutschen, “die weder durch eine ausländische [funktionale] Betriebsstätte noch durch deren in einem ausländischen Staat tätigen ständigen Vertreter erzielt werden”.

Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass die Regelung auch auf dann auf dich zutrifft, wenn Du keine wirtschaftlichen Interessen mehr in Deutschland hast (z.B. Immobilien oder Beteiligungen). Denn alleine die Tatsache, dass es sich bei der LLC um eine Briefkastengesellschaft handelt, reicht aus, damit das Finanzamt eine Betriebsstätte in Deutschland fingiert, deren Gewinne dann in Deutschland steuerpflichtig sind.

Es spielt auch überhaupt keine Rolle, wo sich deine Kunden befinden. Selbst wenn Du keinen einzigen Kunden in Deutschland hast, bist du nicht verschont.

Abgeben der deutschen Staatsbürgerschaft als Strategie der Vermeidung

So mancher fragt sich im Angesicht der himmelschreienden Ungerechtigkeit dieser Steuer, ob man sich dieser nicht einfach entziehen kann, in dem man einfach eine weitere Staatsbürgerschaft annimmt und dann die Deutsche abgibt.

Nun, das klappt so leider nicht spontan, denn es sind die 10 Jahre vor dem Wegzug entscheidend. Wenn Du für fünf dieser 10 Jahre als Deutscher in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig warst und nun digitaler Nomade mit einer Briefkastenfirma wie der LLC bist, dann fällst Du unter die Regelung.

Du müsstest also schon 5 Jahre vor dem Wegzug die deutsche Staatsbürgerschaft abgeben. Das wird für die meisten kaum planbar und realistisch sein.

“Compliance Wohnsitz” als Lösung?

Vielleicht denkst Du nun darüber nach, in irgendeinem Land eine Wohnadresse oder einen Briefkasten zu nutzen und vielleicht sogar einer Steuernummer dort zu besorgen.

Denn wenn Du offiziell kein Nomade mehr bist, so deine Überlegung, sondern einen “Wohnsitz” hast, dann wäre ja die Betriebsstätte der LLC am Ort deines Wohnsitzes und somit hättest Du keine “betriebsstättenlosen” Einkünfte mehr.

Findet das ganze in einem steuerlich attraktiven Staat statt, wo z.B. Auslandseinkünfte steuerfrei sind, könntest Du dennoch die Vorteile der LLC nutzen.

Man stellt sich hier z.B. Thailand oder die Philippinen vor - zwei steuerlich attraktive Länder mit einer ineffizienten Steuerverwaltung.

Leider sind solche Überlegungen vielfach fehlgeleitet und nicht zielführend. Denn:

  1. Handelt es sich nicht um einen echten Wohnsitz, der auf dauerhafte Nutzung ausgelegt ist (d.h. eine wirkliche eingerichtete Wohnung), ist das ganze steuerlich kein Wohnsitz.

  2. Aus Sicht der deutschen Finanzverwaltung spricht man nur dann von einem steuerlichen Wohnsitz, wenn man in diesem Wohnsitzland auch die unbeschränkte Steuerpflicht auslöst. Sonst bleibt man aus deutscher Sicht “wohnsitzlos”. In Thailand und den Philippinen heisst dies z.B., dass man sich dort mindestens 6 Monate pro Jahr aufhalten muss und dann natürlich dort auch steuerlich veranlagt sein muss. Von der Aufenthaltsgenehmigung ganz zu schweigen.

  3. Befindet sich die Betriebsstätte der LLC tatsächlich am Ort dieses Wohnsitzes, dann ist die LLC dort steuerlich anzumelden und muss ihre Einkünfte lokal versteuern. Ansonsten gibt es keine Betriebsstätte und Du hast weiterhin betriebsstättenlose Einkünfte.

Ein echter Wohnsitz im Ausland und eine lokale Betriebsstätte kann tatsächlich eine Lösung sein, die erweitert beschränkte Steuerpflicht zu vermeiden. Mehr dazu weiter unten. Aber ein bloßer “Compliance”-Wohnsitz bringt nichts.

Fokus auf gewerbliche Einkünfte

Wie bereits oben erwähnt, sind nur gewerbliche Einkünfte (nicht aber Einkünfte aus “echten” freiberuflichen Tätigkeiten) von der erweiterten beschränkten Steuerpflicht betroffen. Das BMF macht in seinem Schreiben an die Finanzämter vom Dezember 2023 klar, was damit gemeint ist:

Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§15 und §16 EStG), die keiner inländischen Betriebsstätte und lediglich (…) einer im ausländischen Staat gelegenen bloßen Geschäftsleitungs-Betriebsstätte zuzurechnen sind (…): Für solche Fälle fingiert § 2 Absatz 1 Satz 2 AStG die Existenz einer Geschäftsleitungs-Betriebsstätte der natürlichen Person im Inland, der solche Einkünfte zuzurechnen sind.

Konkret bedeutet dies, dass deutsche digitale Nomaden, die z.B. die folgende gewerblichen Tätigkeiten ausführen und über eine LLC abrechnen, die Einkünfte daraus noch für 10 Jahre nach dem Wegzug in Deutschland versteuern müssen;

  • Affiliate-Marketer

  • Blogger oder Influencer

  • Coach

  • Content Creator

  • Copywriter / Texter

  • Designer

  • E-Commerce

  • Fotograf

  • Grafikdesigner

  • Kundenservice-Mitarbeiter

  • Marketing-Berater

  • Programmierer

  • SEO-Experte

  • Transkriptionist

  • Video-Editor

  • Virtueller Assistent

  • Webentwickler

  • Wirtschaftsberater

  • YouTuber

“Echte” Freiberufler Nomaden, d.h. jene, die z.B. eine der unten aufgeführten Katalog-Tätigkeiten oder ähnliche ausüben, sind NICHT von der erweiterten beschränkten Steuerpflicht betroffen.

Gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG gehören zur freiberuflichen Tätigkeit die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende und erzieherische Tätigkeit (d.h. z.B. Lehrer, Schriftsteller, Künstler). Ausdrücklich nennt das Gesetz folgende so genannte Katalogberufe in selbstständiger Berufstätigkeit.

Diese Tätigkeiten können als von Nomaden problemlos über eine LLC abgerechnet werden ohne steuerliche Negativwirkungen in Deutschland befürchten zu müssen:

  • Ärzte

  • Zahnärzte

  • Tierärzte

  • Rechtsanwälte

  • Notare

  • Patentanwälte

  • Vermessungsingenieure

  • Ingenieure

  • Architekten

  • Handelschemiker

  • Wirtschaftsprüfer

  • Steuerberater

  • Beratende Volks- und Betriebswirte

  • Vereidigte Buchprüfer

  • Steuerbevollmächtigte

  • Heilpraktiker

  • Dentisten

  • Krankengymnasten

  • Journalisten

  • Bildberichterstatter

  • Dolmetscher

  • Übersetzer

  • Lotsen

Zudem sind so genannte „ähnliche Berufe“ erfasst. Bei vergleichbaren Berufsbildern muss die Abgrenzung für jeden Einzelfall anhand der genannten Kriterien vorgenommen werden. Frag im Zweifelsfall deinen Steuerberater oder Rechtsanwalt.

Faustregel: Wenn Du heute in Deutschland als echter Freiberufler vom Finanzamt geführt wirst und keine Gewerbesteuer bezahlst, dann kannst Du die gleiche Tätigkeit auch als Nomade oder Perpetual Traveler über eine LLC im Ausland organisieren.

Beachte aber: Die Besteuerung selbständiger freiberuflicher Einkünfte kann aus anderen Gründen ebenfalls international trickreich sein, denn vielfach muss der Freiberufler auch Einkünfte aus einer sporadischen Tätigkeit dort versteuern, wo die Leistung erbracht wird. Die genauen Regelungen sind von Land zu Land unterschiedlich. Wenn Du also als Nomade von fünf Staaten pro Jahr aus arbeitest, bist Du möglicherweise in allen diesen fünf Staaten beschränkt steuerpflichtig, selbst wenn Du dort nur kurze Zeit verweilst.

Beispiel:

Ein deutscher Schönheitschirurg ist digitaler Nomade und hat eine LLC. Er unterliegt nicht der erweiterten beschränkten Steuerpflicht. Er weilt regelmäßig in Rom, Paris und London, um dort tageweise zu operieren. In allen drei Staaten muss die Klinik, wo der Arzt operiert, 25-30% seines Honorars als Quellensteuer einbehalten und an die lokale Steuerbehörde überweisen. Grund: Er ist nirgendwo ansässig und hat auch nirgendwo eine feste Betriebsstätte.

Der Arzt wäre besser mit einem Malta-Setup bedient und NICHT mit der LLC. Hat der Arzt seinen offiziellen Wohnsitz in Malta und betreibt dort eine maltesische Gesellschaft, werden dort effektiv 5% Körperschaftsteuer auf seine Gewinne fällig. Aufgrund der einschlägigen DBAs werden dann aber in den Abkommensstaaten KEINE Quellensteuern mehr fällig. Der Arzt selbst muss dann aufgrund des maltesischen Non-Dom Status keine weiteren Steuern mehr in Malta bezahlen - 95% seiner Gewinne fließen im steuerfrei zu!

Nur weil man also in Deutschland nicht von der erweiterten beschränkten Steuerpflicht betroffen ist, heisst dies nicht, dass eine freiberufliche Nomaden-Tätigkeit keine steuerlichen Komplexitäten mit sich bringt. Lass dich dazu also unbedingt von deinem Steuerberater oder Rechtsanwalt beraten.

Abgrenzung zwischen Freiberuflichkeit und Gewerbe

Wenn Du in Deutschland bereits als Freiberufler tätig bist, dann wirst Du wissen, wie schwierig oft die Abgrenzung zwischen freiberuflichen und gewerblichen Einkünften ist.

Die gleiche Abgrenzung ist auch für digitale Nomaden schwierig, aber notwendig, um die erweiterte beschränkte Steuerpflicht zu vermeiden. So ist z.B. vorstellbar, dass ein digitaler Nomade eine klassische Freiberufler-Tätigkeit ausübt, aber gleichzeitig noch Werbeeinnahmen als Influencer hat. Diese Einnahmen wären dann als gewerblich zu betrachten und in Deutschland zu versteuern, selbst wenn die nicht-gewerbliche Tätigkeit nicht zur erweiterten beschränkten Steuerpflicht führt.

Man kann sich ähnliche Szenarien auch bei einer Lehrerin vorstellen, die z.B. Einzelunterricht über Zoom oder Teams anbietet, gleichzeitig aber bezahlten Video Content mit Lerninhalten zur Verfügung stellt.

Auch hier ist vorab eine genaue Prüfung durch deinen Steuerberater oder Rechtsanwalt unerlässlich, damit Du nach deiner Auswanderung die korrekten Erklärungen einreichen kannst, wenn erforderlich.

Warum redet (fast) keiner darüber?

Jetzt wirst Du dich vielleicht fragen, warum Du das alles zum ersten Mal hörst und niemand sonst darüber spricht.

Nun, zum einen ist die Materie komplex und die meisten deutschen Steuerberater kennen sich nicht wirklich damit aus.

Die LLC-Verkäufer kennen das Problem, wollen sich aber natürlich ihr florierendes Geschäft nicht kaputtmachen und potenzielle Kunden vergraulen…

Allerdings gibt es natürlich Ausnahmen. Sebastian selbst z.B. hat einige Videos zum Thema LLC veröffentlicht (einige haben wir in diese Seite integriert) und spricht das Thema offen in der Beratung auch.

Es gibt aber auch andere Experten, die genau diese Problematik im Detail behandeln. Zu nennen wäre z.B. das hier angezeigte Video von RA Dr. Tim Greenawalt (Achtung, sehr lange!), wo er auch die rechtsgeschichtlichen Hintergründe der erweiterten beschränkten Steuerpflicht konkret anspricht.

Dich erwischt doch keiner! Wie viele wurden denn schon wirklich ertappt?

Werden die einschlägigen LLC-Verkäufer mit dem Problem der erweiterten beschränkten Steuerpflicht direkt konfrontiert, dann haben sie in der Regel ein paar Asse im Ärmel, um deine Einwände zu parieren.

Das, was man am häufigsten hört, ist die Aussage, dass die Anzahl der Steuerzahler, die in Deutschland als erweitert beschränkt Steuerpflichtige veranlagt werden, verschwindend gering sei. Da werden dann Zahlen aus der 80er Jahren zitiert, als 1986 im Rahmen einer großen Anfrage im deutschen Bundestag die Finanzverwaltung Statistiken zur erweiterten beschränkten Steuerpflicht veröffentlichte. Danach bewegte sich die Anzahl der Betroffenen im Bereich von nur rund 100 bis 200 Steuerzahlern pro Jahr.

Damit wird also von den LLC Gründern suggeriert, dass man sich heute nicht an bestimmte Steuergesetze halten müsse, weil Statistiken aus den 80er Jahren ergeben, dass vor 40 Jahren nur wenige Steuerzahler davon betroffen waren.

Wie bitte?

Bilden solche Argumente auch in anderen Bereichen deines Lebens die Entscheidungs-Grundlage, ob Du dich rechtskonform verhälst oder nicht? Wohl kaum.

Die meisten unserer Mandanten würden sich niemals auf ein solches Risiko einlassen.

Mit einem Bein im Knast

Tatsächlich steht ja enorm viel auf dem Spiel. Sagen wir, dass Du als Freiberufler-Nomade 100.000 Euro im Jahr verdienst und dieses Einkommen fünf Jahre lang nicht dem Finanzamt meldest. Dann hast Du 500.000 Euro an Einkommen unterschlagen. Darauf steht Gefängnis.

Es ist ja nicht so, dass sich seit Einführung der erweitert beschränkten Steuerpflicht seitens der Politik nichts getan hat. Sowohl 2006 als auch 2023 wurde in den schon oben erwähnten BMF-Schreiben zum Außensteuergesetz die Regelungen zur erweiterten beschränkten Steuerpflicht bestätigt und weiter konkretisiert. Es ist nicht so, als gäbe die Finanzverwaltung hier klein bei.

Und mit der Einführung des Anlage WA-ESt 2017 zur Steuererklärung, muss nun jeder Auswanderer bestätigen, ob er nach dem Wegzug aus Deutschland in ein Niedrigsteuerland umgezogen ist bzw. digitaler Nomade geworden ist.

Und nochmal - würdest Du hier bewusst Falschangaben machen? Schwer vorstellbar.

Wer aus irgendeinem Grund die WA-ESt Anlage nicht einreicht, der bekommt vom Finanzamt dann 16 Fragen zum Wegzug zugeschickt und darf sich in diesem Zusammenhang erklären.

Betriebsstätte der LLC über Virtual Office in den USA?

Um dem Argument der in Deutschland steuerpflichtigen “betriebsstättenlosen Einkünfte” der LLC eines deutschen Nomaden etwas entgegenzusetzen, wird dann vielfach dazu geraten, einen US-Büroservice, ein virtuelles Büro in den USA, einen Untermietvertrag oder ein ähnliches Konstrukt zu etablieren, womit dann angeblich nach deutschem Recht eine Betriebsstätte in den USA konstituiert wäre (nach US-Recht aber nicht).

Somit hätte dann die LLC eine Betriebsstätte in den USA und die Einkünfte daraus wären nach deutschem Verständnis nicht mehr “betriebsstättenlos”, selbst wenn Du als der Eigentümer dort niemals verweist.

Wir wollen Dir mit aller Klarheit sagen, dass es sich hierbei in jeder Hinsicht um blanken Unsinn handelt.

Erst im Februar 2024 hat das Bundesfinanzministerium in einem neuen BMF-Schreiben z.B. klargestellt, dass nach deutschem Verständnis eine feste Geschäftseinrichtung nur dann als Betriebsstätte dienen kann, wenn dort tatsächlich Tätigkeiten ausgeübt werden.

Zitat aus dem BMF-Schreiben:

Für die Annahme eines unmittelbaren "Dienens" der Geschäftseinrichtung oder Anlage ist es erforderlich, dass in dem Objekt eine eigene unternehmerische Tätigkeit mit fester örtlicher Bindung ausgeübt wird (…) und sich in der Bindung eine gewisse "Verwurzelung" des Unternehmens mit dem Ort der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit ausdrückt (…).

Ohne Tätigkeit vor Ort keine Betriebsstätte, ganz klar.

Das gleiche BMF-Schreiben hat auch bestätigt, dass ein virtuelles Büro zwar als Leitungs-Betriebsstätte taugt, aber nur dann, wenn die geschäftsleitenden Entscheidungen des Tagesgeschäfts tatsächlich dort getroffen werden.

Zitat:

Die Einschaltung eines Büroservice-Unternehmens ist nur dann beachtlich, wenn dort tatsächlich unternehmerische Entscheidungen von Gewicht (Geschäftsleitung) getroffen werden.

So, aber jetzt kommt es:

Läge eine solche Betriebsstätte der LLC in den USA vor, d.h. ein Ort, wo tatsächlich eine unternehmerische Tätigkeit ausübt wird oder sich ein Ort der Leitung befindet, dann werden die LLC-Gewinne in den USA steuerpflichtig, denn dann liegt auch nach US-Verständnis eine Betriebsstätte vor.

Was ist, wenn Du nicht nomadisch lebst, sondern in einem Niedrigsteuerland ansässig bist

Nicht nur Wohnsitzlose, also digitale Nomaden und Perpetual Traveler, mit betriebsstättenlosen gewerblichen Einkünften sind von der erweiterten beschränkten Steuerpflicht betroffen. Sie betrifft auch jene, die in ein Niedrigsteuerland umziehen und dort ganz besonders jene, die in ein Niedrigsteuerland umziehen, mit dem Deutschland kein Doppelbesteuerungsabkommen hat.

Warum spielt das DBA so eine große Rolle?

Nun, nehmen wir an, du ziehst nach Malta um und betreibst die LLC von dort aus. Dann hat die LLC in Malta eine Betriebsstätte. Malta definiert ja ähnlich wie Deutschland, was eine lokale Betriebsstätte ausmacht.

Und wenn Du das Tagesgeschäft der LLC von maltesischem Boden aus betreibst, musst Du dort eine steuerliche Betriebsstätte anmelden und Steuern auf die Einkünfte der Betriebsstätte in Malta bezahlen.

Somit liegen erstens keine betriebsstättenlosen Einkünfte mehr vor. Zweitens steht im DBA Malta-Deutschland, dass alleine Malta das Recht hat, Einkünfte aus einer maltesischen Betriebsstätte zu besteuern.

Wenn Du kein Vermögen in Deutschland hast (Immobilien, Unternehmen, Konten, Depots usw.), wärst Du somit aus der erweiterten beschränkten Steuerpflicht draußen. Die Einkünfte der LLC würden diese nicht auslösen.

Sonstige Folgen der erweiterten beschränkten Steuerpflicht

Der wichtigste Nachteil der erweitert beschränkten Steuerpflicht ist, dass Du noch für 10 Jahre nach dem Wegzug eine Steuererklärung in Deutschland einreichen musst, in welcher Du dein Welteinkommen erklärst.

Hier wird ein spezielles Formular verwendet, das lang und kompliziert ist.

Neben der Steuererklärung darfst Du dann auch die komplette Buchhaltung der LLC mit Jahresabschlüssen beim Finanzamt einreichen.

Die Tatsache, dass Du die Erklärung einreichen musst, bedeutet übrigens NICHT, dass du ein Welteinkommen in Deutschland versteuern musst. Zu versteuern sind nur Einkünfte wie jene aus der LLC, die aus deutscher Sicht keine Auslandseinkünfte sind (da im Ausland keine Betriebsstätte vorliegt).

Übrigens kann die erweitert beschränkte Steuerpflicht auch dann für Dich gelten, wenn Du KEINE betriebstättenlosen gewerblichen Einkünfte hast. Alleine die Tatsache, dass du in ein Niedrigsteuerland ziehst oder wohnsitzlos bis, kann zur erweiterten beschränkten Steuerpflicht führen, wenn Du noch Vermögen (z.B. Immobilien, Beteiligungen, Konten, Depots) in Deutschland hast. Dann müsstest du weiterhin dein Welteinkommen in Deutschland erklären, aber normalerweise nicht versteuern.

Wir alle wollen vermeiden, dem deutschen Staat nach dem Wegzug Rechenschaft über unsere ausländischen Einkünfte geben zu müssen. Daher können wir Dir nur empfehlen, dich vor Wegzug von deinem deutschen Vermögen KOMPLETT zu trennen.

7 Tipps und Tricks, wie Du die LLC nutzen und die erweiterte beschränkte Steuerpflicht legal vermeiden kannst

Tatsächlich gibt eine Reihe von Lösungsansätzen, wie Du eine LLC verwenden kannst, wenn Du deutscher Digitalnomade oder Perpetual Traveler bist oder einfach nur in ein Niedrigsteuerland umgezogen bist.

Sieben solcher Lösungen wollen wir hier vorstellen.

1 - Deutsche Staatsangehörigkeit rechtzeitig abgeben oder erst gar nicht erst annehmen

Die erweiterte beschränkte Steuerpflicht betrifft nur Deutsche. Wenn Du momentan als Ausländer in Deutschland lebst und in Folge des neuen Staatsangehörigkeitsrechts mit dem Gedanken spielst, die deutsche Staatsangehörigkeit anzunehmen, dann raten wir Dir dringend davon ab - wenigstens dann, wenn Du planst, Deutschland irgendwann wieder zu verlassen.

Lebst du momentan in Deutschland und hast neben der deutschen noch eine zweite Staatsangehörigkeit, raten wir dir, den deutschen Pass wieder abzugeben. Dann musst Du zwar noch 5 Jahre warten, bis Du Deutschland verlassen und die erweiterte beschränkte Steuerpflicht vermeiden kannst. Aber immerhin bist du dann draussen.

2 - Schon als junger Mensch ins Ausland

Am besten ist es natürlich, wenn Du das Thema erweitert beschränkte Steuerpflicht komplett umschiffen kannst. Wie wäre es z.B. wenn Du im Ausland studierst und danach dort ein oder zwei Jahre arbeitest? Wenn Du insgesamt fünf Jahre oder länger weg warst und dann nach Deutschland zurückkehrst, kannst Du Deutschland verlassen und digitaler Nomade werden, ohne dich mit der erweiterten beschränkte Steuerpflicht rumschlagen zu müssen, denn Du warst ja in weniger als 5 der letzten 10 Jahre in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig.

3 - Echte freiberufliche Einkünfte in Selbständigkeit erzielen

Nur gewerbliche Einkünfte sind von der erweiterten beschränkten Steuerpflicht betroffen. “Echte” Freiberufler müssen sich dazu keine Sorgen machen. Als echter Freiberufler kannst Du eine LLC gründen und verwenden.

4 - Ehepartner / Lebenspartner, der nicht deutsch ist

Wenn Du einen Ehepartner oder Lebenspartner hast, der NICHT deutsch ist, kann dieser die LLC gründen und die Einnahmen daraus beziehen OHNE unter die erweiterte beschränkte Steuerpflicht zu fallen. Denn: Die erweiterte beschränkte Steuerpflicht gilt nur für Deutsche! Du kannst dann für die LLC als Freelancer arbeiten und weniger als 16.500 Euro verdienen und fällst somit auch nicht unter die erweiterte beschränkte Steuerpflicht.

5 - Betriebsstätte in einem steuerlich attraktiven Land

Es kann relativ einfach sein, für die LLC eine Betriebsstätte in einem steuergünstigen Land zu begründen und somit dann der erweiterten beschränkten Steuerpflicht zu entfliehen.

Nehmen wir z.B. mal die VAE. Wenn Du planst, dort zu leben, kannst Du für die LLC einfach eine Steuernummer bei den Steuerbehörden beschaffen. Durch diese Anmeldung, deinen Wohnsitz und deine Tätigkeit vor Ort ist dann zweifelsfrei eine Betriebsstätte der LLC vorhanden und du fällst NICHT unter die erweiterte beschränkte Steuerpflicht

Ja, das bedeutet, dass Du dann Buchhaltung machen musst und einer Steuererklärung einreichen musst. Aber Steuern werden vielfach nicht fällig. Die ersten umgerechnet ca. 100.000 Euro Gewinn sind in den VAE steuerfrei und Unternehmen bis zu einem Umsatz von ca. 750.000 Euro zahlen auch keine Steuern.

Wenn sich in Dubai deine einzige zur dauerhaften Nutzung eingerichtete Wohnung befindet und Dubai der Schwerpunkt deiner wirtschaftlichen Interessen ist (durch Firma und Anstellung gegeben), gibt es keine fest vorgeschriebene Anwesenheit (z.B. 183 Tage oder 90 Tage), um dort unbeschränkt steuerpflichtig zu sein.

Natürlich eignen sich auch andere Staaten für diesen Lösungsansatz. Die VAE sind nur ein Beispiel.

6 - Vermögensverwaltende LLC gründen

Ist deine LLC mit der Verwaltung deines Privatvermögens betraut und Du bist KEIN gewerblicher / haupterberuflicher Trader, dann sind die Einkünfte aus der LLC natürlich auch nicht gewerblicher Natur und fallen damit auch nicht unter die erweiterte beschränkte Steuerpflicht.

7 - LLC ohne Gewinne

Und Last but not Least - eine LLC, die keine Gewinne generiert, kann auch keine Gewinne an dich auszahlen. Und somit hättest du auch keine “Einkünfte aus Gewerbebetrieb”, die unter die erweiterte beschränkte Steuerpflicht fallen würden.

Was tun, wenn die LLC nicht die richtige Rechtsform für Dich ist?

Wenn Du das jetzt alles gelesen hast und zu dem Schluss kommen musst, dass die LLC für dich leider nicht die richtige Rechtsform ist, gibt es dennoch steuerlich attraktive Alternativen, die gleichwohl aber mit mehr Aufwand verbunden sind.

Im Folgenden wollen wir dir drei konkrete Lösungen vorstellen, die mit dem deutschen Steuerrecht kompatibel sind und welche nicht die erweiterte beschränkte Steuerpflicht auslösen.

1 - Vereinigte Arabische Emirate

Du lebst in Dubai und hast dort eine Firma. Du mietest dauerhaft eine Wohnung in Dubai. Das ist dein einziger dauerhafter Wohnsitz weltweit.

Du bist bei deiner eigenen Firma in Dubai als Geschäftsführer angestellt und beziehst ein attraktives Gehalt von sagen wir 120.000 Euro im Jahr. Auf den verbleibenden Gewinn bezahlt die Firma in Dubai 9% Steuern, sollte dieser umgerechnet mehr als 100.000 Euro betragen bzw. die Firma mehr als umgerechnet 750.000 Euro Gesamtumsatz erwirtschaften.

Wenn sich in Dubai deine einzige zur dauerhaften Nutzung eingerichtete Wohnung befindet und Dubai der Schwerpunkt deiner wirtschaftlichen Interessen ist (durch Firma und Anstellung gegeben), gibt es keine fest vorgeschriebene Anwesenheit (z.B. 183 Tage oder 90 Tage), um dort unbeschränkt steuerpflichtig zu sein.

Großer Vorteil in Dubai: Alle nicht-geschäftlichen Einkünfte (z.B. Kapitalerträge und Krypto) sind in VAE steuerfrei und müssen nicht auf einer Steuererklärung deklariert werden.

Lohnt sich unserer Meinung nach erst ab 250.000 Umsatz / Jahr.

2 - Malta

Du lebst in Malta und hast dort eine Firmenstruktur. Du mietest dauerhaft eine Wohnung in Malta. Das ist dein einziger dauerhafter Wohnsitz weltweit.

Du bist bei deiner eigenen Firma in Malta als Geschäftsführer angestellt und beziehst ein kleines Gehalt von sagen wir 2.000 Euro im Monat. Auf den Rest deiner Einnahmen bezahlt die Firma in Malta 5% Steuern, der geht ohne weiteren Steuerabzug an dich.

Wenn sich in Malta deine einzige zur dauerhaften Nutzung eingerichtete Wohnung befindet und Malta der Schwerpunkt deiner wirtschaftlichen Interessen ist (durch Firma und Anstellung gegeben), gibt es keine fest vorgeschriebene Anwesenheit (z.B. 183 Tage), um dort unbeschränkt steuerpflichtig zu sein.

Großer Vorteil in Malta: Alle Auslandseinkünfte (z.B. Kapitalerträge und Krypto) sind in Malta steuerfrei und müssen nicht auf der Steuererklärung deklariert werden.

Lohnt sich unserer Meinung nach erst ab 250.000 Umsatz / Jahr.

3 - Bulgarien

Du lebst in Bulgarien bist dort Freelancer. Du mietest dauerhaft eine Wohnung in Bulgarien. Das ist dein einziger dauerhafter Wohnsitz weltweit.

Du kannst mit dem Freelancer-Steuerstatus 25% des Umsatzes an Betriebsausgaben pauschal ohne Nachweis absetzen. Auf den Rest fallen ca. 10% Steuern und Sozialabgaben an.

Beispielrechnung:

Bruttoumsatz/Monat: 10.000 Euro

Steuern: 699,85 Euro

Sozialabgaben: 501,54 Euro

Netto: 8.798,62 Euro

Wenn sich in in Bulgarien deine einzige zur dauerhaften Nutzung eingerichtete Wohnung befindet und Bulgarien der Schwerpunkt deiner wirtschaftlichen Interessen ist (durch Einzelfirma gegeben), gibt es keine fest vorgeschriebene Anwesenheit (z.B. 183 Tage), um dort unbeschränkt steuerpflichtig zu sein.

Geringer Aufwand und Kosten z.B. für Buchhaltung und die Tatsache, dass man keine Gesellschaft gründen muss, machen dieses Modell sehr schlank und attraktiv.

Nachteil: Ausländische Einkünfte (z.B. Kapitalereträge und Krypto) nicht steuerfrei.